Gerber

Autor: Prof. Dr. Reinhold Reith

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Das Stadtrecht von 1276 unterscheidet zwischen Weißmalern (Weißgerbern) und Rindshäutern (Rotgerbern); nach ersteren war die Weißmalergasse (heute Karolinenstraße) benannt. In der Zunft der Lederer waren Rot- und Weißgerber, Pergamenter, Corduaner, Lederbereiter und Lederfärber zusammengeschlossen. Die Rotgerber stellten durch Lohgerbung (vegetabilisch) Leder u. a. für Sohlen, Schuhe, Sättel, Zaumzeug her, das durch die Schuster, Sattler und Riemer weiterverarbeitet wurde. Vor dem Stephingertor befanden sich die Lohmühle, in der das Loh (Eichen- und Tannenrinde) gemahlen wurde, sowie das Lohbad. Die Weißgerber stellten, meist für Bekleidung, durch Salzgerbung (mineralisch) die edleren und dünneren Ledersorten (Kalbs-, Schafs-, Ziegenleder) her, die u. a. von den Säcklern verarbeitet wurden. Die Lederbereiter besorgten das Zurichten des gegerbten Leders, die Corduaner stellten durch Walken mit Fett oder Tran wasserdichtes Leder und Handschuhleder her. Die Pergamenter (Pirmenter) verarbeiteten ebenfalls rohe (’grüne’) Häute; durch die Verbreitung des Papiers verloren sie im 15. Jahrhundert an Bedeutung.

    Die Werkstätten der Gerber lagen, da sie zum Bearbeiten der Häute fließendes Wasser benötigten, zumeist im Lechviertel. Das Gerberhaus (Vorderer Lech 21) mit zweistöckigem Satteldach, langen Gaubenreihen mit Holzläden und schmalem Aufzuggiebel an der Nordseite zeigt den charakteristischen Aufbau eines Gerberhauses. Seit dem 17. Jahrhundert ging die Zahl der Gerber stark zurück. Bei den Rotgerbern führten Probleme der Rohstoffbeschaffung (Loh) sowie die Konkurrenz handwerklicher Großbetriebe, bei den Weißgerbern der Modewandel (leichte Baumwollstoffe verdrängten das Bekleidungsleder) zu einem Rückgang der Meisterzahlen. Das ’Bereiten’ des Leders wurde im 18. Jahrhundert von den Gerbern selbst übernommen; durch die Einfuhr von Corduanleder aus der Levante, Spanien und Ungarn verschwand die Corduanmacherei im 18. Jahrhundert in Augsburg und der Lederhandel gewann zunehmend an Bedeutung.

Literatur:

Johannes Cramer, Gerberhaus und Gerberviertel in der mittelalterlichen Stadt, 1981, 264

Wilhelm Ruckdeschel, Technische Denkmale in Augsburg, 1984, 96 ff.

Reinhold Reith, Arbeits- und Lebensweise im städtischen Handwerk. Zur Sozialgeschichte der Augsburger Handwerksgesellen im 18. Jahrhundert, 1988, 35-38, 114 f.